Ist Wasserdampf ein Treibhausgas? Sicher nicht, sind viele Menschen überzeugt – und liegen damit falsch, wie auch bei anderen Fragen zum Klimawandel. Eine Studie der Universität Graz zeigt eine große Diskrepanz zwischen wissenschaftlich belegten Fakten und vermeintlichem Wissen auf. Das Problematische daran: „Falsche Überzeugungen gefährden die Akzeptanz von Klimaschutz-Maßnahmen und begünstigen falsche Entscheidungen“, erklären die StudienautorInnen Annina Thaller und Thomas Brudermann vom Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung der Universität Graz. Zielgruppenorientierte Bildungsarbeit zum Thema Klimawandel sei notwendig.
Für ihre Studie, die soeben im Journal of Environmental Psychology erschienen ist, haben die ForscherInnen die Antworten von rund 500 ÖsterreicherInnen aus einer Online-Umfrage ausgewertet. Die Befragten entsprachen einer repräsentativen Stichprobe von Männern und Frauen im Alter zwischen 18 und 72 Jahren, quer über alle Bundesländer, je zur Hälfte mit und ohne Matura.
„In unserer Erhebung stellten wir zehn Wissensfragen zum Klimawandel, die mit ,wahr‘ oder ,falsch‘ zu beantworten waren, und baten gleichzeitig um eine Einschätzung, wie sicher sich die Person der eigenen Antwort ist, auf einer Skala von 50 % (geraten) bis 100 % (ganz sicher)“, schildert Brudermann.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die meisten ÖsterreicherInnen ihr Wissen über den Klimawandel offenbar überschätzen. So meinten 84 Prozent der Befragten, dass Wasserdampf kein Treibhausgas sei, und waren sich dabei im Durchschnitt zu 80 Prozent sicher. Ähnliches zeigte sich bei der Frage, ob das Ozonloch die Hauptursache für den Treibhauseffekt darstelle. 60 Prozent antworteten mit „wahr“ und lagen damit im Irrtum, obwohl sich die TeilnehmerInnen im Durchschnitt zu 81 Prozent ihrer Antwort sicher waren.
In Bezug auf Geschlecht, Alter und Bildung zeigten sich nur kleine Unterschiede. So nahm die Selbstüberschätzung in Bezug auf das eigene Wissen zum Klimawandel mit dem Alter leicht zu. Männer beantworteten im Schnitt etwas mehr Fragen richtig und waren sich ihrer Antworten auch ein wenig sicherer als Frauen.
Menschen neigen generell dazu, aus dem vielfältigen Angebot an Informationen jene herauszufiltern, die ihre Überzeugungen weiter bestätigen. „Die Kombination von Halbwissen und Selbstüberschätzung kann zum ernsthaften Problem werden, wenn Verzerrungen der Wirklichkeit zu falschen Entscheidungen führen“, betont Brudermann insbesondere mit Blick auf den Klimaschutz und nennt ein Beispiel: „Wer den Anteil des Menschen an der globalen Erwärmung in Abrede stellt, mit dem Argument, dass es in der Vergangenheit immer wieder natürliche Klimaschwankungen gegeben habe, wird Gegenmaßnahmen, die mit persönlichen Einschränkungen verbunden sind, nicht akzeptieren.“
Publikation
"You know nothing, John Doe" – Judgmental overconfidence in lay climate knowledge
Annina Thaller, Thomas Brudermann
Journal of Environmental Psychology 69 (2020) 101427, doi: 10.1016/j.jenvp.2020.101427
>> Link zur Studie (verfügbar bis 7. Juni 2020)
Bildung gegen den Klimawandel
Um dem entgegenzuwirken, sei zielgruppenorientierte Bildungsarbeit nötig, sind sich die ForscherInnen einig. An der Universität Graz startet im Herbst eine neue Lehrveranstaltung als freies Wahlfach: Interessierte Studierende können in Form eines Praktikums wissenschaftlich fundiertes Basiswissen zum Klimawandel sowie Grundlagen der Kommunikation erwerben. Ziel ist, die Studierenden fachlich und didaktisch darauf vorzubereiten, Schulen bei Klima- und Nachhaltigkeitsprojekten zu begleiten. Die Lehrveranstaltung ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung geförderten und vom Climate Change Center Austria (CCCA) durchgeführten Kooperationsprojekts „makingAchange“ zwischen Wissenschaft und Schule.